In Deutschland sind noch Zimmer frei

Im Dachgeschoss liegen wertvolle Wohnraumreserven brach

Während gerade in den Ballungsräumen immer mehr Wohnraum dringend benötigt wird, bleibt ein riesiges Potenzial an „Baugrund“ ungenutzt. Und für den ist nicht einmal Grund­er­werb­steuer fällig: das Dachgeschoss.

Ein Rechenexempel: Nach Expertenschätzungen gibt es bundesweit ca. 20 Mio. Wohn­ge­bäu­de. Wenn davon nur 1 % über einen für Wohnzwecke geeigneten, aber bislang un­ge­nutz­ten Speicherraum verfügen, könnten damit 200.000 Wohnungen zusätzlich errichtet werden.

Die Wohnraumsituation in den Bal­lungsgebieten ähnelt der von vor 150 Jahren. Durch die Konzen­tration von Arbeitsplätzen in den Städten wurde Wohnraum knapp – und das Dach­ge­schoss als Wohnraum erschlossen. Allerdings haben Dachwohnungen von heute we­sent­lich mehr Attraktivität als die Kammer von Spitzwegs „Armem Poeten“. Dach­woh­nun­gen sind in jeder Hinsicht Top-Wohnlagen.

Ausgebautes DachgeschossFoto: Günter Menzl/Fotolia.com So hell und gemütlich kann ein fertig ausgebautes Dachgeschoss aussehen.

 

Alle Beteiligten einbeziehen

Am Anfang aller Ausbaupläne soll­ten nicht nur die Prüfung der Sta­tik und das Gespräch mit dem Architekten stehen. Wer bereits im Planungsstadium den Dach-Fach­mann (also einen Dachdecker) hinzuzieht, erspart sich oft spätere Diskussionen um die Machbarkeit.

Dachgeschoss - KücheFotos: HF.Redaktion/Bayerisches Dachdeckerhandwerk Auch eine Küche im Dachgeschoss hat ihren ganz besonderen Charme. Denn leider stehen den Ge­stal­tungs­wün­schen nicht selten Fach­regeln der ausführenden Gewerke ent­ge­gen. Den „Praktiker“ gleich im Planungsstadium ein­zu­bin­den, hat außerdem den Vorteil, dass er schon mal die bestehende Dachunterkonstruktion unter die Lupe nehmen kann: Ist die Substanz z.B. der Sparren und/oder der Pfetten geeignet oder müssen Tei­le oder gar das gesamte Tragwerk erneuert werden?

 

Raumhöhe und Ge­schoss­zahl beachten

Hat der Statiker grundsätzlich „grünes Licht“ gegeben und auch die lokale Bauordnung signalisiert Zu­stim­mung, heißt es, Maß zu nehmen. Denn nur wenn der auszubauende Dachraum über ausreichende Höhe ver­fügt, ist eine Nutzung zu Wohnzwecken später auch zulässig.

Besonders bei Dächern mit einer geringen Dach­nei­gung kann es hier im wahrsten Sinne des Wortes eng werden. Eine Änderung der Dachneigung verbietet sich meist durch die strengen Vorgaben der Bau­ord­nung der Kommune. Hier könnte eine Anhebung des Kniestocks (regional auch als Drempel bezeichnet) die Lösung sein, sofern eine solche „Anhebung“ des Daches ge­neh­migt wird.

Mit der dann erreichbaren größeren Raumhöhe steigt natürlich auch das Wohn­raum­vo­lu­men. Bei­spiel: Wird der Kniestock bei einem Dachraum mit einer Fläche von 100 m2 um 50 cm erhöht, ver­größert sich das Raumvolumen um 50 m3. Spätestens jetzt ist allerdings zu überprüfen, ob die be­stehende Heizungsanlage dem Zu­wachs an Wohnraum gewachsen ist.

Die nächste Prüfung gilt der Rea­lisierbarkeit des Dachausbaus im Hinblick auf die Ge­schoss­zahl. Gerade bei Mehrfamilienhäusern möchten Eigentümergemeinschaf­ten oft das Dachgeschoss als zusätzliche eigene Wohneinheit aus­bauen und verkaufen.

Eine große Hürde dabei ist allerdings, dass vielerorts jede Aufstockung über vier Etagen zwingend die Errichtung einer Aufzugs­anlage erfordert. Darüber hinaus kann es u. U. notwendig sein, gemäß den Bestimmungen des Brand­schutzes zusätzlich einen zweiten Rettungsweg vorzusehen.

Vorplanung - Speicher Um einen Speicher in eine gemütliche Wohnung unterm Dach umzubauen, bedarf es gründlicher Vorplanung und die Beratung durch Fachleute wie Statiker, Architekten und Dachdecker.

 

Zwischen, unter, auf – welche Wärmedämmung ist richtig?

Klassische Wärmedämmung Die „klassischste“ aller Wär­me­däm­mun­gen fürs Dach ist die Dämmung zwischen den Sparren. In der nächsten Phase dürfen Pla­ner und Dach-Ex­perten nun an die Kon­kre­ti­sie­rung der Wohn­träu­me ganz oben gehen. Hier stellt sich die grundsätzliche Frage: Welche Wärmedämmung darf es denn sein? Die Mindestanforderungen stellt die derzeit geltende Ener­gie­ein­spar­ver­ord­nung EnEV 2014 klar:

Die EnEV 2014 verweist hinsicht­lich der An­fo­rde­run­gen und Berechnungen zum som­merlich­en Wär­me­schutz für Wohngebäude in Anlage 1 Nummer 3 auf DIN 4108-2. Im Vorwort heißt es dazu: „Durch Min­dest­an­for­de­run­gen an den sommerlichen Wär­me­schutz nach Abschnitt 8 soll die sommerliche ther­mi­sche Behaglichkeit in Aufenthaltsräumen sich­er­ge­stellt und eine hohe Erwärmung der Auf­ent­halts­räu­me vermieden und der Energieeinsatz für Kühlung vermindert werden.“

Der Bauherr muss sich für eine von drei grundsätzlich möglichen Aus­führungen entscheiden:

Wärmedämmung zwischen den Sparren: die wohl „klassischste“ aller Dämmungen. Hier erfolgt die Einbringung der Dämmstoffe zwischen den Sparren der Dachunterkonstruktion. Um die von der EnEV geforderten Werte zu erreichen, ist jedoch die Dicke der Sparren oft nicht ausreichend. In diesem Fall müssen die Sparren entsprechend „aufgedoppelt“ werden. Nachteil dieser Zwischensparrendämmung: Die Sparren selbst bilden Wärmebrücken.

Wärmedämmung unter Sparren: Mit dieser Variante wird zwar eine homogene Dämm­schicht erzeugt, da die gesamte Wärme­dämmung „nahtlos“ unter den Sparren liegt. Bei den erforderlichen Dämmstärken von bis zu 20 cm ist jedoch zu beachten, dass damit auch ein nicht unerhebliches Maß an Wohnraumvolumen (und Raumhöhe) geopfert wird.

Aufdachdämmung Die Wärmedämmung auf den Sparren, also die Aufdachdämmung bietet gestalterische Vorteile, weil sie einen „Sicht-Dachstuhl“ ermöglicht, bei dem das Tragwerk oder Teile davon als Gestaltungs­element genutzt werden können. Wärmedämmung auf Sparren (Aufdachdämmung): Damit wird ebenfalls eine wärmebrückenfreie ho­mo­ge­ne Dämmschicht erreicht. Diese Art der Dämmung erlaubt zudem einen „Sicht-Dachstuhl“, bei dem das Tragwerk oder Teile davon als Gestaltungselement eingesetzt werden können. Übrigens ist ei­ne damit verbundene Dacherhöhung um die Dicke der Dämm­schicht selbst bei Reihenhäusern zulässig.

Entgegen der noch immer weit verbreiteten Meinung schreibt die EnEV keine „Mindestwerte“ für einzelne Bauteile vor, sondern for­dert die Erfüllung von Min­des­tstan­dards für die gesamte Wohneinheit bzw. das Gebäude. Die geltende EnEV und deren Vorgaben sind auch dann einzuhalten, wenn mehr als 10 % der Fläche ei­ner Dachseite erneuert werden.

Dies kann bereits bei mittleren Re­pa­ra­tu­ren oder dem Einbau von Dachfenstern der Fall sein. Dann müssen natürlich auch die Fachregeln des Dach­deck­er­hand­werks zur Windsogsicherung erfüllt wer­den.

Die Wärmedämmung verhindert nicht nur das Ent­weich­en der beheizten Raumluft (durch eine optimale Wärmedämmung im Dach­bereich können bis zu 20 % der Energiemenge eingespart werden). Die Dämmung gewährleistet auch, dass im Sommer die Wär­me drau­ßen bleibt und ein angenehmes Raumklima herrscht. Bei starker Sonneneinstrahlung kann sich die Dach­o­ber­fläch­e nämlich auf bis zu 70 °C erwärmen. Und die Dämmung sorgt dafür, dass diese Wärme nicht nach innen ab­strahlt.

 

Dampfsperre und Belüftung

Die optimale Wärmedämmung ist Facharbeit und wenig für den Heimwerker geeignet. Nur die fach­gerecht ausgeführte Dämmung mit entsprechender Dampfsperre und deren An­schlüs­se an Dachöffnungen wie Fenster und Gauben stellt sicher, dass es nicht zu einer Tau­wasserbildung (um­gangs­sprach­lich: Kondenswasser) kommt. Das Tückische daran: Diese Feuch­tig­keits­bil­dung bleibt oft jahrelang unbemerkt.

Treten an Fensterrahmen Wasser­flecken oder an den Dachschrägen schwarze Stockflecken auf, ist die Schimmelbildung meist schon weit fortgeschritten. Im schlimms­ten Fall ist die Dämmung dann bereits der­art mit Schimmelsporen belastet, dass nur noch eine Kom­plett­sa­nier­ung hilft.

Je besser ein Raum gedämmt ist, desto luftdichter ist er. Deshalb muss nach der EnEV auch die aus­reichende nutzerunabhängige Be­lüftung hergestellt werden. Konkretisiert wird die Anforderung an den Mindestluftwechsel in der DIN 1946-6. Sie fordert, dass ein nut­zer­un­ab­hän­gi­ges Lüften bei je­dem Neubau und jeder Modernisierungsmaßnahme, bei der mehr als 1/8 der vorhandenen Fenster ausgetauscht oder mehr als 1/8 der Dachfläche saniert wer­den, sichergestellt sein muss.

Hierzu bieten sich moderne Dach­fenster an, die diese Forderungen an eine ausreichende Belüftung erfüllen.

Moderne Dachfenster Moderne Dachfenster erfüllen die Forderungen an eine ausreichende Belüftung des Dachgeschosses.

 

Dachfenster und Gauben sorgen für Licht

Beim Thema Dachfenster gilt die Faustregel, dass – je nach Bauord­nung – die „Be­lich­tungs­öff­nun­gen­“ etwa 1/8 der Wohnfläche be­tragen müssen. Den Variationsmöglichkeiten beim Dachfenstereinbau sind kaum Grenzen gesetzt. Hier reicht die Palette vom Dachfenster mit Standardmaßen über maßgefertigte Lösungen bis zu „Batterien“ von mehreren Dach­fen­stern über- und nebeneinander.

Dazu kommen Lösungen mit sehr großen, seitlich verschiebbaren Fenstern und in das Dach inte­grierten Balkonen. Ist die vorgesehene Fensterbreite größer als der meist nur geringe Sparrenabstand, kommen sogenannte Wech­sel zum Einsatz. Dabei werden ein oder meh­re­re Sparren durchtrennt und die Lastableitung durch waa­gerechte Tragbalken (Wech­sel) er­reicht. Da dies ein Eingriff in die Statik des Tragwerks ist, bleibt diese Arbeit ausschließlich den hierfür qualifizierten Handwerkern vorbehalten.

Dachfenster sind inzwischen zu Hightech-Elementen im Wohnbau geworden. Je nach Her­stel­ler und Option können die Verdunklung oder das Öffnen und Schließen zur Belüftung zeitgesteuert, über Regensensoren oder sogar über ein „Smarthome“-Konzept erfolgen. In der letztgenannten Variante kann die Steuerung der Einzelfunktionen sogar ortsunabhängig über das eigene Smartphone geschehen. Die Steuerungselemente werden dabei in das pervsön­lich­e WLAN-Heimnetz eingebunden und nach hohen Si­cher­heits­stan­dards ab­ge­sich­ert.

Dachgauben Dachgauben bieten gegenüber Dachfenstern den Vorteil, dass sie das Raumvolumen vergrößern. Die Alternative zu Dachfenstern – oder eine Er­gän­zung dazu – sind Dachgauben. Diese erfordern jedoch meist einen Eingriff in die Dachunterkonstruktion. Ne­ben Fertiggauben verschiedener Hersteller bieten sich maßgefertigte Gauben an. Ein großer Vorteil der Gauben gegenüber den Dachfenstern ist, dass sie das Raumvolumen vergrößern und der Raum so größer empfunden wird.

Nach erfolgtem Dachgeschoss­aus­bau und In­nen­aus­bau darf der Bauherr nicht vergessen, für das Ge­bäu­de einen neuen Energieausweis ausstellen zu lassen und die zusätzliche Wohneinheit bzw. den zu­sätz­lich­en Wohnraum bei der Gebäudeversicherung zu mel­den.

 

Fazit

Wer den Dachgeschossausbau plant, sollte von Anfang an Planer und ausführende Gewerke an einen Tisch bitten und auch in der Bauphase alle Beteiligten auf dem aktuellen Stand der Arbeiten halten. Das erspart Reibungsverluste und Kompromisse durch Um­planungen – und schließlich können Ideen und Anregungen von er­fahrenen Praktikern eine Be­reich­e­rung für die Gestaltung sein.

HF.Redaktion/Bayerisches Dachdeckerhandwerk

 

Weitere Informationen

Bayerisches Dachdeckerhandwerk
Tel. 0 89/14 34 09-0
www.dachdecker.bayern

Graband & Ruppert GmbH
Tel. 0 89/89 13 61 40
www.graband-ruppert.de

Hepting GmbH
Tel. 0 89/6 01 06 36

MTL E. Fleischhacker-Koller GmbH
Tel. 0 89/87 80 77
www.mtl-gmbh.de

Mudrich & Schöttl Baugesellschaft mbH
Tel. 0 89/3 14 15 12
www.mudrich.de

Perfecta Fenster
Tel. 0 89/94 38 50 60
www.perfecta-fenster.de

spitzbart treppen gmbh
Tel. 09 11/96 99 25-6
www.spitzbart.de

Vaitl GmbH & Co. Bedachung KG
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www.vaitl-bedachungen.de

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