So macht Kochen in jedem Alter Spaß

Tipps für eine barrierefreie Küche

Die Küche ist in fast jedem Haushalt das Herzstück: Hier lockt der Kaffeeduft in den Tag, hier zaubert die Hausherrin oder der Hausherr köstliche Gerichte, hier wird für das Sonntagskränzchen gebacken – hier wird gelebt und viel Zeit verbracht.

Barrierefreie KücheFoto: Granberg Deutschland Schon bei der Planung einer barrierefreien Küche sollten Sie auf die Erreich­bar­keit der Schränke achten.

Aber nicht nur Rollstuhlfahrer, auch kleinere Kinder und ältere Menschen haben manchmal Probleme, in einer normal eingerichteten Küche an alle wichtigen Utensilien zu kommen. Dabei gibt es doch nichts Besseres als die selbst kreierte „Hexensuppe“ der Kleinen oder die sonntägliche Freude darüber, dass Oma den besten Kuchen backt. Im Folgenden möchte ich Ihnen ein paar Tipps für die Planung einer barrierefreien oder altersgerechten Küche geben.

 

Bequem und hell

StehhilfenFoto: Leitner Ergomöbel GmbH Stehhilfen entlasten die Beine. Spezielle Sitz- und Stehhilfen entlasten Beine und Rücken beim langen Stehen an der Arbeitsplatte. Auch für Kinder gibt es kleine mobile Stehhocker. Noch besser ist es, Sie richten – für beide Größen – einen Sitzplatz an einem Tisch ein.

Ist dafür zu wenig Platz, können Sie auch eine Schublade von einem erfahrenen Schreiner zu einer ausziehbaren Arbeitsplatte, zu einer Art „Ausziehtisch“, umfunktionieren lassen.

Auch eine gute Beleuchtung ist wichtig. Vor allem über den Arbeitsflächen brauchen die großen und kleinen Küchenzauberer ausreichend Licht. Gute Beleuchtung erhöht die Sicherheit und ermöglicht eine schnelle Orientierung – und sei es nur beim Suchen der richtigen Gewürzmischung. Zu empfehlen sind 750–1500 Lux.

 

Die Höhe entscheidet

Sortieren Sie Ihre Küchenutensilien so in die Schränke ein, dass für alle Nutzer die Dinge des täglichen Gebrauchs gut erreichbar sind. Sie können dabei auch die Oberschränke niedriger hängen oder sie mit Glasböden versehen, sodass von unten sichtbar ist, was wo steht. Für eine bessere Erreichbarkeit ohne Akrobatik bieten sich auch Apothekerschränke mit ausziehbaren Schubladen an oder einfache Einhängekörbe, die nachträglich in die Schrankelemente eingebaut werden.

Höhenverstellbare Arbeitsplatten erleichtern die Nutzung durch Personen mit unterschiedlicher Größe (l.).
Mit Apothekerschränken ist auch für Rollstuhlfahrer alles erreichbar.
Fotos: Küchen Quelle

Damit sich beim Kühlschrank niemand bücken muss und die Dinge ganz hinten nicht vergessen werden, ist zu empfehlen, das Gerät mit einem Podest höher zu stellen. Für eine entsprechend bessere Lage des Backofens gibt es Geräte ohne Kochfeld, die in Arbeitshöhe angebracht werden können.

Höher aufgestellte Küchengeräte, wie Backofen, Spülmaschine oder Kühlschrank, sind in modernen Küchen bereits weit verbreitet. Sie sind bequem und komfortabel für jedes Alter.

 

Sicherheit geht vor

Wenn Sie häufiger Angst haben, den Herd anzulassen, oder Ihre Kinder nach den Kochexperimenten schon mal vergessen haben, ihn auszuschalten, kann eine Herd­sicherung helfen. Diese schaltet das Gerät nach einem vorgegebenen Zeitintervall bzw. bei zu großer Hitzeentwicklung automatisch ab.

Für Menschen mit eingeschränkter Sehfähigkeit sollten Sie Bedien­elemente wie Griffe kontrastreich gestalten, sodass sie gut erkennbar sind. Für Personen mit kognitiven Einschränkungen können Sie einen Verbrühschutz installieren, der beim Wasser aus der Leitung eine Temperatur von maximal 45 °C zulässt.

 

Barrierefreie Küchen

Wie eine barrierefreie Küche aussehen soll, hängt nicht zuletzt von den individuellen Fähigkeiten der Benutzer ab. Einschränkungen in der Beweglichkeit, bei der Greiffähigkeit, bei Sinneswahrnehmungen und/oder bei kognitiven Fähigkeiten erfordern unterschiedliche Konzepte.

Spricht man von barrierefreien Küchen, sind in der Regel solche gemeint, die für Rollstuhlfahrer nutzbar sind. Den Orientierungsrahmen gibt die DIN 18040 Teil 2 vor, in der die maßgeblichen Emp­fehlungen für die Planung niedergelegt sind.

RollschränkeFoto: Granberg Deutschland Mit Rollschränken können Sie fehlenden Stauraum ausgleichen.

 

Essplatz und Küchenzeile

Für Rollstuhlfahrer muss die Küche ohne Schwellen und Stufen erreichbar sein. Die Türen sollten dabei eine Breite von mindestens 80 cm haben.

Die Anordnung des Essplatzes, am besten in zentraler Lage, ist ebenso wichtig: Großzügig ge­öffnete Küchenräume mit integriertem Essplatz können nicht nur das Zentrum einer Wohnung sein, sie erleichtern Rollstuhlfahrern auch das Kochen. Bei der Planung sollten Sie genau überlegen, wie beispielsweise der Weg zwischen Herd und Essplatz möglichst einfach bewältigt werden kann.

Die Frage der Anordnung der Küchenzeile hängt vom Platzangebot ab. Falls sich nur eine einzeilige Küche realisieren lässt, ist zu bedenken, dass sich Rollstuhlfahrer hier sehr schwer tun, da der Abstand zwischen den Arbeitsbereichen zu groß wird und die Transfers bei den Kochtätigkeiten schwierig sind. Für Rollstuhlfahrer ist die L- oder U-Form sicher die beste Variante.

 

Größenmaße

Die Küchengröße an sich richtet sich nach den notwendigen Bewegungsflächen, der Anordnung der Küchenzeile sowie der Integration eines Essplatzes. Bei barrierefreien Wohnungen braucht man eine Bewegungsfläche zum Drehen von 120 x 120 cm.

Rollstuhlfahrer benötigen in der Küche 150 x 150 cm. Diese Bewegungsfläche kann bis auf 120 cm unterschritten werden, wenn die Arbeitsflächen auf einer Länge von 150 cm, einer Tiefe von mindestens 30 cm und in einer Höhe von 67 cm unterfahrbar sind. Sind Waschmaschine und Trockner in der Küche integriert, muss auch vor diesen Geräten eine Bewegungsfläche von 150 x 150 cm vorhanden sein.

Der Platz vor dem Küchenfenster sollte für die Rollstuhlfahrer frei bleiben und nicht durch eine Arbeitsplatte verstellt werden. Als Bodenbelag empfiehlt sich Linoleum oder leicht zu reinigende Fliesen.

 

Arbeitshöhe

Die Höhe der Arbeitsplatte hängt von der Körpergröße des Nutzers ab. Als Richtwert für eine Person mit einer Körpergröße von 150 cm wird eine Arbeitsplatte in Höhe von 85 cm empfohlen, bei 160 cm Körpergröße 90 cm, bei 170 cm Größe sind es 100 cm und bei 180 cm Größe 105 cm.

Nicht nur für Rollstuhlfahrer empfiehlt sich das Anbringen einer Reling am Rand der Arbeitsplatte – als Möglichkeit zum Halten und Heranziehen.

Die optimale Höhenanordnung von Arbeitsgeräten wie Kochfeld, Herd, Spüle, Backofen und Kühlschrank orientiert sich ebenfalls an der Körpergröße bzw. der daran ausgerichteten Höhe der Arbeitsplatte. Für das Kochfeld empfiehlt sich eine Höhe von 5 cm unter der Höhe der Arbeitsplatte, die Spüle darf 5 cm über der Höhe der Arbeitsplatte liegen. Spülmaschine und Herd sollten so installiert sein, dass sie auch im Sitzen bedient werden können.

Arbeitsplatte und Schränke

ElektromotorFoto: www.pro-ipso.de Mit einem versteckten Elektromotor las­sen sich Schränke leicht ab­sen­ken. Für Rollstuhlfahrer hat sich eine Anordnung von Kochfeld und Spüle über Eck bewährt, also über einen 90-Grad-Winkel, da so die Transferbewegungen mit Kochtöpfen und Geschirr kurz sind. Getrennte Arbeitsflächen für Kochfeld und Spüle – wenn diese z.B. gegenüberliegend positioniert sind – bringen für Rollstuhlfahrer erhebliche Probleme und sind ungeeignet.

Natürlich muss der gesamte Arbeitsbereich auch unterfahrbar sein. Beim Spülbecken sollte der Siphon deswegen nicht in der Mit­te, sondern hinten an der Wand installiert werden, damit der Rollstuhlfahrer nicht dagegenstößt.

Ein Nachteil von unterfahrbaren Arbeitsbereichen ist, dass Stauraum verloren geht. Möglich ist es, mit Rollcontainern, die unter die Arbeitsplatte geschoben werden, eine gewisse Abhilfe zu schaffen. Diese Containerschränke können je nach Bedarf flexibel verschoben werden. Sie müssen kippsicher sein und können sogar als eine Art Servierwagen dienen.

Verbleibende Unterschränke sollten Sie mit Vollauszügen oder Apothekerauszügen ausstatten. Bei wenig Platz kann auch der Einsatz von bedienfreundlichen Paternosterschränken überlegt werden.

Oberschränke können mithilfe von Elektromotoren abgesenkt und diagonal nach vorne gefahren werden. Auch Arbeitsplatten können so gebaut werden, dass sie hoch und herunter bewegt werden können. Wegen der hohen Kosten sind solche Systeme nur dann zu empfehlen, wenn es wegen beengter Platzverhältnisse keine andere Möglichkeit gibt oder wenn die Küche von Personen mit stark unterschiedlichen Größen genutzt wird.

Schalter und Steckdosen sollten zudem sitzend benutzt werden können. Hier bietet sich eine Installation an der Frontblende an. Für die Wasserarmatur wird empfohlen, dass diese nicht mehr als 40 cm vom Rand der Arbeitsplatte entfernt ist.

 

Zu guter Letzt

Auch wenn Sie die Kriterien für Barrierefreiheit als überflüssig oder zu aufwändig erachten, bei der Planung einer neuen Küche sollten sie trotzdem berücksichtigt werden, vor allem im Hinblick darauf, was später durch eine relativ kleine Änderung bzw. Nachrüstung verbessert werden kann.

Eine gut geplante Küche kann übrigens auch modular im Baukastensystem konzipiert werden. Erfahrene Küchenbauer beraten Sie gerne zu Ihren ganz persönlichen Wünschen.

Wenn die individuellen Voraussetzungen vorliegen, gibt es für bestimmte Hilfsmittel und Anpassungsmaßnahmen auch finanzielle Unterstützung durch öffentliche Kostenträger. Hierzu beraten Sie Wohnberatungsstellen vor Ort oder auch Ihr Küchenbauer.


Bernhard Reindl,
Stadtteilarbeit e.V.
Beratungsstelle Wohnen, München


 

Bezugsquellen

Pro-Ipso GmbH &
Co. KG
Tel. 0 23 02/2 03 31 52
www.pro-ipso.de

Granberg GmbH
Tel. 05 21/1 43 99 83
www.granberg.de

Küchen Quelle GmbH
Tel. 09 11/50 73 07 30
www.kuechen-quelle.de

Leitner Ergomöbel GmbH
(Österreich)
Tel. (00 43) 77 54/3 13 70
www.ergomoebel.at

 

Beratung zum barrierefreien Wohnen

Stadtteilarbeit e.V.
Beratungsstelle Wohnen

Aachener Str. 9
80804 München
Tel. 0 89/35 70 43-0
www.beratungsstelle-wohnen.de

Ansprechpartner: Bernhard Reindl
Der Verein Stadtteilarbeit ist gemeinnützig und berät Sie im Auftrag der Stadt München und des Landkreises München in Fragen der altersgerechten Wohnungsanpassung.

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