WEG-Reform

Am 1. Dezember 2020 ist nach langen Verhandlungen endlich das reformierte Wohnungseigentumsgesetz (WEG) in Kraft getreten. Mit dem Gesetz zur Förderung der Elektromobilität und zur Modernisierung des Wohnungseigentumsgesetzes und zur Änderung von kosten- und grundbuchrechtlichen Vorschriften (Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetz - WEMoG) sollen insbesondere der Einbau von Lademöglichkeiten für Elektrofahrzeuge erleichtert, der barrierefreie Aus- und Umbau sowie die energetische Sanierung gefördert und die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums effizienter gestaltet werden. Nachstehend die für Wohnungseigentümer wichtigsten Änderungen im Überblick:

Werdende Wohnungseigentümergemeinschaft

Die Wohnungseigentümergemeinschaft entsteht gemäß § 9a Absatz 1 Satz 2 WEG mit der Anlage der Wohnungsgrundbücher. Ab diesem Zeitpunkt kann die Wohnungseigentümergemeinschaft damit nach den Vorschriften des WEG verwaltet werden und auch am Rechtsverkehr teilnehmen. Der Ersterwerber von Wohnungseigentum gilt gemäß § 8 Absatz 3 WEG gegenüber der Wohnungseigentümergemeinschaft und den anderen Eigentümern als Wohnungseigentümer, sobald eine Auflassungsvormerkung im Grundbuch eingetragen ist und ihm der Besitz an der Wohnung übergeben wurde.

Sondereigentumsfähigkeit von Freiflächen

Die Sondereigentumsfähigkeit wird auf außerhalb des Gebäudes liegende Teile des Grundstückes, etwa auf Terrassen, Gartenflächen oder Fahrzeugstellplätze im Freien erweitert (§ 3 WEG). Damit entfällt die häufig zu Rechtsunsicherheiten führende bisherige Praxis zur Begründung von Sondernutzungsrechten an diesen Flächen.

Stärkung des Verwaltungsbeirates

Die Tätigkeit im Verwaltungsbeirat soll attraktiver werden, indem die Haftung der Beiratsmitglieder auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit beschränkt wird (§ 29 Absatz 3 WEG). Zudem können die Wohnungseigentümer die Anzahl der Beiratsmitglieder künftig nach den Bedürfnissen ihrer Gemeinschaft festlegen (§ 29 Absatz 1 WEG). Die bisherige Verpflichtung zur Bestellung von drei Beiratsmitgliedern entfällt damit. Zu den Aufgaben des Verwaltungsbeirates gehört nun ausdrücklich auch die Überwachung des Verwalters bei der Durchführung seiner Aufgaben (§ 29 Absatz 2 Satz 1 WEG).

Vertretung gegenüber dem Verwalter

Gemäß § 9b Absatz 2 WEG wird die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer gegenüber dem Verwalter durch den Vorsitzenden des Verwaltungsbeirats oder einen durch Beschluss dazu ermächtigten Wohnungseigentümer vertreten. Damit wird die Durchsetzung von Ansprüchen der Wohnungseigentümergemeinschaft gegenüber dem Verwalter erleichtert.

Anspruch auf Bestellung eines zertifizierten Verwalters

Nach einer Übergangsfrist von zwei Jahren kann in Wohnungseigentümergemeinschaften mit mehr als acht Sondereigentumseinheiten jeder Wohnungseigentümer künftig die Bestellung eines zertifizierten Verwalters verlangen; bei kleineren Anlagen besteht dieser Anspruch nur dann, wenn mindestens ein Drittel der Wohnungseigentümer dies verlangt (§ 19 Absatz 2 Nr. 6 WEG). Als zertifizierter Verwalter darf sich nach § 26a WEG bezeichnen, wer vor einer Industrie- und Handelskammer durch eine Prüfung nachgewiesen hat, dass er über die für die Tätigkeit als Verwalter notwendigen rechtlichen, kaufmännischen und technischen Kenntnisse verfügt. Die Details zur Zertifizierung werden noch in einer Rechtsverordnung bestimmt. Personen, die bei Inkrafttreten der WEG-Reform schon zum Verwalter einer Wohnungseigentümergemeinschaft bestellt sind, gelten gegenüber den Wohnungseigentümern dieser Gemeinschaft noch für weitere dreieinhalb Jahre als zertifizierter Verwalter (§ 48 Absatz 4 Satz 2 WEG).

Erweiterte Vertretungs- und Entscheidungsbefugnis des Verwalters

Der Verwalter ist gemäß § 9b Absatz 1 WEG gerichtlicher und außergerichtlicher Vertreter der Wohnungseigentümergemeinschaft. Beim Abschluss eines Grundstückskauf- oder Darlehensvertrages aber nur aufgrund eines Beschlusses der Wohnungseigentümer. Auch die Entscheidungsbefugnis des Verwalters wird erweitert, allerdings nicht in dem Umfang, wie ursprünglich vorgesehen. So kann der Verwalter künftig ohne Beschluss der Eigentümerversammlung Maßnahmen von untergeordneter Bedeutung treffen, die nicht zu erheblichen Verpflichtungen der Wohnungseigentümergemeinschaft führen (§ 27 Absatz  1  Nr. 1 WEG). Gleiches gilt für Maßnahmen, die zur Wahrung einer Frist oder zur Abwendung eines Nachteils erforderlich sind (§ 27 Absatz  1  Nr. 2 WEG). Die Wohnungseigentümer können die Befugnisse des Verwalters aber durch Beschluss einschränken oder erweitern (§ 27 Absatz  2 WEG).

Einfachere Abberufung des Verwalters

Das reformierte Wohnungseigentumsgesetz macht es den Wohnungseigentümern einfacher, sich von einem Verwalter zu trennen, mit dessen Arbeit sie nicht zufrieden sind. Der Verwalter kann künftig jederzeit abberufen werden und es wird hierfür nicht mehr wie bisher das Vorliegen eines wichtigen Grundes vorausgesetzt (§ 26 Absatz 3 Satz 1 WEG). Auch der Verwaltervertrag endet spätestens sechs Monate nach dessen Abberufung (§ 26 Absatz 3 Satz 2 WEG).

Recht auf Einsichtnahme in die Verwaltungsunterlagen

Das Recht eines jeden Wohnungseigentümers auf Einsicht in die Verwaltungsunterlagen ist jetzt gesetzlich festgeschrieben (§ 18 Absatz 4 WEG).

Nutzung der Möglichkeiten der Digitalisierung

Bisher waren Wohnungseigentümerversammlungen reine Präsenzveranstaltungen. Künftig können die Wohnungseigentümer beschließen, dass Eigentümer auch online an der Eigentümerversammlung teilnehmen können (§ 23 Absatz 1 Satz 2 WEG). Reine Online-Versammlungen sind aber auch weiterhin nicht zulässig.

Umlaufbeschlüsse müssen nicht mehr zwingend schriftlich (mit Unterschriften aller Wohnungseigentümer) gefasst werden; stattdessen genügt jetzt auch die Textform, wie zum Beispiel per E-Mail (§ 23 Absatz 3 WEG).

Auch die Führung der Beschlusssammlung ist jetzt in elektronischer Form möglich (§ 25 Absatz 5 WEG).

Praktische Anpassungen zu Wohnungseigentümerversammlungen

Fehlt ein Verwalter oder weigert sich dieser pflichtwidrig eine Wohnungseigentümerversammlung einzuberufen, kann künftig auch ein durch Beschluss ermächtigter Wohnungseigentümer die Versammlung einberufen (§ 24 Absatz 3 WEG).

Die Ladungsfrist für Wohnungseigentümerversammlungen wird von zwei auf drei Wochen angehoben (§ 24 Absatz 4  Satz 2 WEG).

Wohnungseigentümerversammlungen sind künftig unabhängig von der Zahl der anwesenden bzw. vertretenen Miteigentümer beschlussfähig. Die bisherige Regelung in § 25 WEG zur Beschlussfähigkeit entfällt ersatzlos. Damit werden Wiederholungsversammlungen wegen fehlender Beschlussfähigkeit in Zukunft vermieden.

Im Gesetz wird nun ausdrücklich klargestellt, dass das Protokoll über die Wohnungseigentümerversammlung „unverzüglich“ zu erstellen ist (§ 24 Absatz 6 Satz 1 WEG).

Flexiblere Entscheidung über Kostentragung

Auch nach bisherigem Recht konnten die Wohnungseigentümer zwar grundsätzlich über die Verteilung der Kosten abweichend von dem durch das Gesetz oder durch die Gemeinschaftsordnung vorgegebenen Maßstab beschließen. Bei Instandhaltungs- bzw. Instandsetzungsmaßnahmen oder Baumaßnahmen galt dies aber nur, wenn es sich um einen „Einzelfall“ handelte und der Beschluss mit qualifizierter Mehrheit gefasst wurde. Gemäß § 16 Absatz 2 Satz 2 WEG können die Wohnungseigentümer künftig mit einfacher Stimmenmehrheit generell über die Verteilung einzelner Kosten oder bestimmter Arten von Kosten entscheiden.

Erleichterung baulicher Veränderungen und Modernisierungen

Um bestehenden Modernisierungsstaus in Wohnungseigentumsanlagen entgegenzuwirken, sind Beschlussfassungen über bauliche Veränderungen am Gemeinschaftseigentum gemäß § 20 Absatz 1 WEG künftig grundsätzlich mit einfacher Stimmenmehrheit möglich, sofern die Wohnanlage hierdurch nicht grundlegend umgestaltet und kein Wohnungseigentümer unbillig benachteiligt wird (§ 20 Absatz 4 WEG). Die Kosten sind dabei in der Regel aber nur von denjenigen Wohnungseigentümern zu tragen, die der Maßnahme zugestimmt haben (§ 21 Absatz 3 Satz 1 WEG). Nur ihnen gebühren dann aber auch die Nutzungen hieraus (§ 21 Absatz 3 Satz 2 WEG). Ausnahmsweise haben alle Wohnungseigentümer die Kosten entsprechend ihrem Miteigentumsanteil zu tragen, wenn die Kosten sich innerhalb eines angemessenen Zeitraums amortisieren oder die Maßnahme mit einer qualifizierten Mehrheit beschlossen wurde und nicht mit unverhältnismäßigen Kosten verbunden ist (§ 21 Absatz 2 WEG). Nach § 21 Absatz 1 Satz 1 WEG hat ein Wohnungseigentümer die Kosten für eine bauliche Veränderung, die ihm gestattet oder auf sein Verlangen von der Gemeinschaft durchgeführt wurde, alleine zu tragen. Nur ihm gebühren dann aber auch die Nutzungen hieraus (§ 21 Absatz 1 Satz 2 WEG). Ein Wohnungseigentümer, der nicht berechtigt ist, Nutzungen zu ziehen, kann gemäß § 21 Absatz 4 WEG aber verlangen, dass ihm dies nach billigem Ermessen gegen angemessenen Ausgleich gestattet wird.

Jeder Wohnungseigentümer hat nach § 20 Absatz 2 WEG künftig einen Rechtsanspruch auf einen barrierefreien Aus- und Umbau, den  Einbau einer Lademöglichkeit für ein Elektrofahrzeug, Maßnahmen zum Einbruchsschutz sowie einen schnellen Internetanschluss auf eigene Kosten. Zudem hat gemäß § 554 BGB künftig auch jeder Mieter einen Anspruch gegen seinen Vermieter, dass ihm bauliche Maßnahmen zur Errichtung einer Lademöglichkeit für elektrisch betriebene Fahrzeuge, zur Barrierereduzierung sowie zum Einbruchsschutz auf seine Kosten erlaubt werden. Das Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetz liefert damit auch einen wichtigen Beitrag für das Erreichen der Klimaziele.

Beschränkung der Jahresabrechnung

Der Beschluss über die Jahresabrechnung wird künftig auf die Abrechnungsspitze beschränkt (§ 28 Absatz 2 WEG). Die Abrechnung selbst ist hingegen nicht mehr Beschlussgegenstand. Damit soll die Zahl der gerichtlichen Auseinandersetzungen reduziert werden. Neu ist auch die gesetzliche Verpflichtung des Verwalters zur Erstellung eines jährlichen Vermögensberichtes, welcher die Rücklagen sowie das wesentliche Gemeinschaftsvermögen enthält (§ 28 Absatz 4 WEG).

Vereinfachung der Beschlussanfechtung

Nach dem bisher geltenden Recht musste ein Wohnungseigentümer, wenn er einen Beschluss gerichtlich anfechten wollte, alle übrigen Wohnungseigentümer verklagen. Das führte nicht nur zu schwer handhabbaren Prozessen mit einer Vielzahl von Beteiligten. Es ergaben sich häufig auch Irritationen bei den Wohnungseigentümern, weil auch diejenigen Wohnungseigentümer verklagt werden mussten, die gegen den Beschluss gestimmt hatten. Da Träger der Verwaltung nun alleine die Gemeinschaft ist, sind Beschlussanfechtungsklagen daher künftig gegen die rechtsfähige Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zu richten und nicht mehr gegen die einzelnen Wohnungseigentümer (§ 44 Absatz 2 Satz 1 WEG).

Harmonisierung von Mietrecht und Wohnungseigentumsrecht

Mieter von Eigentumswohnungen sind gemäß § 15 WEG künftig zur Duldung von Erhaltungsmaßnahmen und baulicher Maßnahmen gesetzlich verpflichtet. Damit wird sichergestellt, dass Erhaltungs- und Baumaßnahmen nicht behindert oder verhindert werden, nur weil Wohnungen in der Anlage vermietet sind. Die Bestimmungen des Mietrechts zur Ankündigung der Maßnahme sowie die Möglichkeit des Mieters, sich auf Härtegründe zu berufen, gelten aber entsprechend. 

Schließlich enthält das Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetz auch Vorschriften zur Harmonisierung im Hinblick auf die Betriebskostenabrechnung. Bisher wurden die Betriebskosten im Mietrecht in der Regel nach der Wohnfläche auf den Mieter umgelegt, während nach dem Wohnungseigentumsgesetz für die Kostenverteilung der Miteigentumsanteil des Vermieters maßgeblich ist. Künftig bestimmt § 556a Absatz 3 BGB, dass bei Vermietung einer Eigentumswohnung die Betriebskosten nach dem Maßstab auf den Mieter umzulegen sind, der auch zwischen den Wohnungseigentümern gilt. Damit sollen dem Vermieter aufwändige und fehleranfällige Umrechnungen bei der Erstellung der Betriebskostenabrechnung erspart werden.

Rainer Schmitt

Jurist beim Eigenheimerverband Bayern e.V.

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